Metaprogramme in der Personalauswahl
Von Leslie Cameron-Bandler bis zur praktischen Anwendung: Alles über die 10+ unbewussten Denk- und Motivationsmuster, Interviewtechniken und wie Sie Role Fit im Recruiting messbar machen.
In Kürze: Metaprogramme
Was sind Metaprogramme?
Unbewusste Filter der Wahrnehmung, die organisieren, wie wir denken und uns motivieren. Entwickelt von Leslie Cameron-Bandler und David Gordon, validiert seit 2004 in psychometrischen Tests.
Anwendung im Recruiting:
Messung des Role Fit durch gezielte Interviewfragen. Jedes Metaprogramm hat spezifische Erkennungsmerkmale und Fragetechniken. Wichtig: Die Art der Antwort ist wichtiger als der Inhalt!
Die 10+ wichtigsten Metaprogramme:
- Motivation: Hin-Zu vs. Weg-Von (Ziele vs. Probleme)
- Wahrnehmung: Matching vs. Mismatching
- Entscheiden: Internal vs. External
- Arbeitsweise: Optional vs. Prozedural
- Handeln: Proaktiv vs. Reflektiv
- + 5 weitere Muster (Detail/Überblick, Prozess/Person, etc.)
Inhaltsverzeichnis
1. Was sind Metaprogramme?
Metaprogramme sind unbewusste Filter unserer Wahrnehmung, die die Art und Weise organisieren, wie wir denken und uns motivieren. Sie ermöglichen es, festzustellen, welche Informationen jemanden motivieren.
Geschichte und Entwicklung
Das Konzept der Metaprogramme hat seine Wurzeln in den Forschungen von C.G. Jung zu psychologischen Typen. In den USA griff Isabelle Myers-Briggs diese Arbeiten auf und entwickelte daraus den Myers-Briggs-Type-Indicator (MBTI), einen beliebten Persönlichkeitstest in Personalabteilungen.
Leslie Cameron-Bandler (früher Leslie Lebeau) und David Gordon entwickelten das Modell der Metaprogramme gemeinsam mit fortgeschrittenen Studenten in den 1980er Jahren. Es entstand aus dem Bestreben, Klienten kontextübergreifend zu verstehen und den effektivsten Ansatzpunkt für Veränderungsarbeit zu finden. Die erste Veröffentlichung erfolgte 1981 im Master Practitioner Participant Manual von Leslie Cameron-Bandler.
Später wandten Experten wie Rodger Bailey, Shelle Rose Charvet und Wyatt Woodsmall das Modell in verschiedenen Bereichen an, darunter Business Assessment und Consulting. Seit 2004 stehen wissenschaftlich fundierte psychometrische Tests auf Basis des Metaprogramm-Modells zur Verfügung, wie z.B. der CDAQ©, der die Anforderungen der British Psychological Society erfüllt, und auch die von mir entwickelte esc Potenzialanalyse.
Kernprinzipien der Metaprogramme
Filter der Wahrnehmung
Unbewusste Filter, die organisieren, wie wir Informationen verarbeiten, uns motivieren und welche Sprachmuster uns überzeugen.
Bipolare Kontinua
Jedes Metaprogramm ist bipolar: Beide Ausprägungen kommen bei allen Menschen in unterschiedlicher Mischung vor (z.B. 70% Hin-Zu, 30% Weg-Von).
Die Art, nicht der Inhalt
Bei Metaprogramm-Fragen ist weniger der Inhalt der Antworten wichtig, sondern vielmehr die Art und Weise, WIE geantwortet wird.
Wichtige Grundregeln:
- Kontext-abhängig: Verhaltensvorhersagen sind nur im Kontext der gestellten Fragen gültig
- Variabel: Metaprogramme können zustands- und stressabhängig variieren
- Wertfrei: Es gibt keine "guten" oder "schlechten" Metaprogramme; ihre Vorteilhaftigkeit hängt vom Kontext ab
- Kein Test: Metaprogrammfragen dienen dem besseren Verständnis, nicht als "Prüfung"
- Keine Universalpersönlichkeit: Erfolgreiche Menschen kennen ihre Stärken und bleiben authentisch
Unterschied: Gravesmodell vs. Metaprogramme
| Aspekt | Gravesmodell | Metaprogramme |
|---|---|---|
| Was wird gemessen? | Werte & Grundüberzeugungen ("Was ist mir wichtig?") | Denkpräferenzen & Informationsverarbeitung ("Wie denke ich?") |
| Recruiting-Funktion | Cultural Fit | Role Fit |
| Beispiel | Graves5 = Erfolg & Leistung sind wichtig | Hin-Zu = Motiviert durch Ziele (nicht Probleme) |
Die Kombination aus Gravesmodell + Metaprogrammen gibt ein vollständiges Bild: Werte + Denkpräferenzen = Cultural Fit + Role Fit.
2. Ziel- und Problemlösungsmotivation
Dieses Metaprogramm ist eng mit den persönlichen Werten eines Menschen verknüpft. Werte sind das, was uns wichtig ist und uns motiviert. Sie können bewusst oder unbewusst wirken und sind neuropsychologisch verankerte, starke Motivatoren für unser Verhalten.
Zielmotivation (Hin-Zu)
Menschen mit Zielmotivation:
- Möchten etwas erreichen und sind motiviert, etwas zu bekommen
- Sind motiviert durch Visionen und attraktive Zukunftsvorstellungen
- Finden Erfüllung im Erreichen von Zielen
- Arbeiten gerne mit Projektplänen und Prioritäten
- Zukunftsorientierter Zeitfokus
Körpersprache:
- Zielorientierte Gestik (zur Körpermitte, dann nach vorne)
- Zeigt auf etwas, Nicken
- Entspannter Körper, häufiges Lächeln
- Motiviert klingende Stimme
Problemlösungsmotivation (Weg-Von)
Menschen mit Problemlösungsmotivation:
- Sind motiviert, Probleme zu lösen und Hindernisse zu beseitigen
- Fühlen sich durch schwierige Situationen belebt
- Können gut mit unvorhergesehenen Hindernissen umgehen
- Organisieren sich nach dem "Dringlichkeitsprinzip"
- Gegenwartsfokus
Körpersprache:
- Eher angespannter Körper, weniger Lächeln
- Ausgrenzende Gesten, leichtes Kopfschütteln
- Modaloperatoren der Notwendigkeit (müssen, sollen, brauchen)
- Spricht über zu vermeidende Situationen
Interviewfragen
Fragetechnik
Einstiegsfrage: "Wenn Sie auf die letzten Jahre zurückblicken: Was ist Ihnen in Ihrer Arbeit wirklich wichtig?"
Vertiefung: "Was genau ist Ihnen an [Wert] wichtig?" oder "Warum ist Ihnen das wichtig?"
Erkennungsmerkmale Hin-Zu:
- Spricht über Ziele und was erreicht werden möchte
- Modaloperatoren der Möglichkeit (wollen, hätte gerne, würde gerne)
- Kongruente, motivierte Körpersprache
- Beispiel: "Ich möchte neue Lösungsmöglichkeiten finden und Wissen austauschen."
Erkennungsmerkmale Weg-Von:
- Spricht über Probleme oder zu vermeidende Situationen
- Modaloperatoren der Notwendigkeit (müssen, sollen, brauchen)
- Körpersprache eher angespannt
- Beispiel: "Damit ich nicht Stunden mit dem Arbeitsweg verbringe."
Stellenprofile
Zielmotivation geeignet für:
- Leadership / Führung mit Strategie & Planung
- Projektmanagement
- Positionen mit Ergebnisverantwortung
- Kreative Aufbauarbeit
- Beratungstätigkeit
- Die meisten Verkaufspositionen
Problemlösungsmotivation geeignet für:
- Produktionsleitung, COO
- Buchhaltung und operatives Controlling
- Qualitäts- und Risikomanagement
- Vertriebsinnendienst, Backoffice
- Security- oder Versicherungsbranche
- IT: Testen, Testmanagement, Netzwerksupport
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3. Gleichklangfaktor und Veränderungsblick
In der Wahrnehmung gibt es zwei Hauptansätze: Erkennst du zuerst Gemeinsamkeiten oder Unterschiede? Dieses Muster filtert, wie Informationen im Wahrnehmungsprozess verarbeitet werden.
Interviewfragen
Fragetechnik
Kernfragen:
- "Wie ist die Beziehung zwischen Wert X und Wert Y?" (aus Wertefragen)
- "Wie ist die Beziehung zwischen Arbeitsstelle X und Arbeitsstelle Y?" (aus CV)
- "Wie ist die Beziehung zwischen den ersten drei Jahren bei Firma XY und den letzten drei Jahren?"
Erkennungsmerkmale Matching:
- Nimmt eher Gleichheiten und Ähnlichkeiten wahr
- Verwendet Komparative wie "besser", "intensiver"
- Beispiel: "Die Werte zielen in die gleiche Richtung, es geht um..."
Erkennungsmerkmale Mismatching:
- Konzentriert sich eher auf Unterschiede
- Verwendet oft das Wort "aber" ("Ja, aber...")
- Formulierungen wie "ganz anders", "haben nichts miteinander zu tun"
- Versteht eventuell das Wort "Beziehung" in der Frage nicht
Wichtige Kombinationen mit Ziel-/Problemlösungsmotivation
| Kombination | Effekt |
|---|---|
| Mismatching + Hin-Zu | ✅ Günstig: Erkennst Unstimmigkeiten, siehst aber sofort, wie man es besser machen kann |
| Mismatching + Weg-Von | ⚠️ Kritik wird verstärkt - achte darauf, dass Kritik konstruktiv bleibt |
| Matching + Weg-Von | ✅ Beziehungsaufbau + Blick für Probleme - Problemlösung kompensiert fehlende Kritikfähigkeit |
| Matching + Hin-Zu | ⚠️ "Rosa Brille" - unkritisch, schwacher Blick für Probleme. Kann durch Detailorientierung oder Graves4 ausgeglichen werden |
4. Entscheidungsfähigkeit und Dienstleister-Faktor
Dieses Muster ist besonders wichtig im Kontext Führung. Es geht um beurteilen und entscheiden. Wo liegt der Bezugsrahmen für Realitätseinschätzung? Innere Werte oder externe Quellen?
Entscheidungsfähigkeit (Internal)
Menschen mit Entscheidungsfähigkeit:
- Beurteilen die Qualität ihrer Arbeit selber
- Benötigen kein Lob, treffen schnell Entscheidungen
- Haben eigene Maßstäbe und Kriterien
- Sind nicht so offen für Feedback
- Bei Kritik: zweifeln eher an der anderen Person als an sich
Körpersprache:
- Zeigt auf sich, sitzt aufrecht
- Hält inne, bevor auf Bewertung reagiert wird
Beispiel: "Ich weiß das selbst, ob ich etwas sehr gut gemacht habe oder nicht."
Dienstleister-Faktor (External)
Menschen mit Dienstleister-Faktor:
- Machen Qualität an Feedback von außen fest
- Treffen nicht so leicht eigene Entscheidungen
- Benötigen Feedback/Lob für Motivation
- Sind sehr offen für Feedback
- Bei Kritik: neigen dazu, sich selbst anzuzweifeln
Körpersprache:
- Beobachten Reaktion des Gegenübers
- Neigen sich beobachtend vor
Beispiel: "Am Feedback von Kollegen und Vorgesetzten, an den Zahlen."
Interviewfragen
Kernfrage
"Woher wissen Sie, dass Sie gute Arbeit geleistet haben?"
Internal-Antworten:
- "Ich weiß es selber"
- "Wenn ich selbst das Gefühl habe..."
- "Ich erkenne, dass..."
- Das Wort "Ich" steht im Zentrum
External-Antworten:
- "Am Feedback von..."
- "Wenn das Projekt ohne Probleme funktioniert"
- "Lob und Respekt für die Leistung"
- Das Wort "Ich" kommt nicht oder kaum vor
Stellenprofile
Entscheidungsfähigkeit geeignet für:
- Geschäftsführung, Management & Führung (ideal: 60% internal, 40% external)
- Selbstständige Tätigkeiten
- Recruiting
- Controlling, Qualitätsmanagement
- Software Testmanagement
Dienstleister-Faktor geeignet für:
- Verkauf, Marketing
- Kundendienst & Dienstleistung
- HR Active Sourcing (ideal: 60% external, 40% internal)
- Rezeption, Backoffice, virtuelle Assistenz
- Die meisten Positionen ohne Führungsverantwortung
5. Aufbaufokus und Kontinuität
Dieses Metaprogramm ist das wichtigste Muster, das die sogenannte Berater-Persönlichkeit von Linien-Funktionen unterscheidet. Für Führungskräfte differenziert es Leadership- und Management-Kompetenzen.
Aufbaufokus (Options)
Menschen mit Aufbaufokus:
- Lieben es, Systeme und Prozeduren zu entwickeln
- Möchten kreative Aufbauarbeit leisten, neue Wege gehen
- Sind weniger motiviert für Tagesgeschäft bzw. Standardprozesse
- Wahlmöglichkeiten motivieren sie
- "Warum"-Einstellung: "Warum ist das wichtig? Warum machen wir das?"
Etwas überspitzt formuliert: Menschen mit Aufbaufokus erfinden neue Möglichkeiten.
Kontinuität (Procedures)
Menschen mit Kontinuität:
- Halten sich gerne an Vorgehensweisen, Best Practices, Strategien
- Routinierte Umsetzung von bewährten Methoden
- Sind stark im Tagesgeschäft bzw. in der "wirklichen Arbeit"
- Orientieren sich an Tätigkeiten und Tatsachen
- "Wie"-Einstellung: "Wie funktioniert das? Wie kann ich das anwenden?"
Etwas überspitzt formuliert: Menschen mit Kontinuität arbeiten "wirklich".
Interviewfragen
Fragetechnik
Kernfragen (bereits in Phase 2A - CV-Besprechung):
- "Warum haben Sie sich für den [Arbeitgeber XY] entschieden?" (aus CV)
- "Warum haben Sie sich für Ihren aktuellen Arbeitgeber entschieden?"
- "Warum haben Sie sich nach 5 Jahren für einen Wechsel entschieden?"
Erkennungsmerkmale Aufbaufokus (Optional):
- Antwort mit Liste von Kriterien: "Weil 1. ..., weil 2. ..., weil 3. ..."
- Antwortet auf das "Warum"
- Beschreibt Gelegenheiten, Möglichkeiten
- Beispiel: "1. Gehalt 2. Interesse an neuer Branche 3. Zentrale Lage"
Erkennungsmerkmale Kontinuität (Prozedural):
- Antwort mit Geschichte: "Nun, das war so..."
- Antwortet auf "wie" statt auf "warum": "wie ist es dazu gekommen"
- Beschreibt evtl., dass sie nicht selbst gewählt haben: "Es ist passiert", "war Zufall"
- Beispiel: "Ich war mit der Schule fertig. Diese Spedition war die erste, die mir einen Arbeitsplatz angeboten hatte."
Leadership vs. Management
| Aspekt | Management (Prozedural) | Leadership (Optional) |
|---|---|---|
| Fokus | Vergangenheit und Gegenwart | Zukunft und Vision |
| Arbeitsweise | Bis in Details planen, Bewährtes erhalten | Richtung geben, Neuland betreten |
| Aufgaben | Effizienz, Budgetieren, Strukturieren, Ziele definieren | Risiko erkennen, entwickeln, transformieren, empowern |
| Metaprogramme | Problemlösungsmotivation, Kontinuität, Prozessfokus | Zielmotivation, Aufbaufokus, Personenorientierung |
| Graves-Ebenen | Graves 2-5 | Beginnt in voller Kraft mit Graves 6, 7, 8 |
6. Weitere wichtige Metaprogramme
Die esc Potenzialanalyse erfasst 10+ Metaprogramme. Neben den 4 Hauptdimensionen gibt es weitere wichtige Muster:
Proaktiv und Reflektiv (Handlungsfilter)
Proaktiv
- Macherpersönlichkeit, unternehmerisch
- Ergreift Initiative, handelt spontan
- Entscheidungen schnell, "aus dem Bauch"
- Verstehen sich als Ursache, nicht Wirkung
- Telefon bevorzugt gegenüber E-Mail
- Frage: "Beschreiben Sie mir Ihre typische Arbeitsweise."
Reflektiv
- Denkerpersönlichkeit, analysiert gründlich
- Beobachtet erst, handelt dann
- Lässt Dingen ihren Lauf
- Reagiert eher, als dass sie agiert
- E-Mail bevorzugt gegenüber Telefon
- Stelleneignung: Kundendienst, Reklamation, Inbound, Verwaltung, Forschung
Überblicks- und Detailorientierung
Überblicksorientierung (Global)
- Lieben den Überblick, konzeptuelle Arbeit
- Befassen sich gerne mit Strategie
- Präsentieren oft nicht linear
- Deduktiv (Top-down): vom Überblick zu Details
- Können gut delegieren
- Stelleneignung: Führung, Projektleitung, Strategie, Langfristige Entwicklung
Detailorientierung (Specific)
- Sehr gut in Detailarbeit
- Kommen am besten mit kleinen Einheiten zurecht
- Handeln sequenziell, Schritt für Schritt
- Induktiv (Bottom-up): von Details zum Bild
- Können als FK weniger gut delegieren
- Stelleneignung: Buchhaltung, Lohnverrechnung, Qualitätskontrolle, Backoffice
Prozessfokus und Personenorientierung
Prozessfokus (Sachorientierung)
- Hauptfokus auf Produkten, Prozessen, Fakten
- Arbeit wird an Ergebnissen organisiert
- Gefühle haben wenig Funktion am Arbeitsplatz
- Menschen = Teil von Abläufen
- Strategischer, abstrakter Fokus
- Frage: "Erzählen Sie von einer Situation, wo Wert X erfüllt war." → Wenn wenig Gefühle/Menschen erwähnt = Sachorientierung
Personenorientierung
- Gedanken und Gefühle anderer im Vordergrund
- Arbeit organisiert sich um Menschen
- Charakter & Persönlichkeit stark berücksichtigt
- Menschen sind einzigartig, nicht austauschbar
- Projekt = erst Kunden/Personen, dann Ziele
- Stelleneignung: Coach, Trainer, kreative Berufe, agile Führung (Leadership)
Verteilung: Mittelwert 43% Personenorientierung / 57% Prozessfokus, Standardabweichung 24% (Bezugsgruppe esc Potenzialanalyse, n=1.216, 2017-2018).
Konzeptfokus und Praxisorientierung
Im Kontext der Arbeit eine Variante der Jung'schen Typologie: Intuition vs. Sensorik. Mittelwert: 55% Praxisorientierung, 45% Konzeptfokus.
Praxisorientierung
- Bodenständige Ausrichtung auf Fakten
- Konkrete Themen und Tatsachen
- "Gesunder Menschenverstand"
- Ausrichtung auf praktische Aspekte
- Stelleneignung: Besonders relevant für Verkauf (bei den Kundenthemen bleiben)
Konzeptfokus
- Theoretisch, konzeptionell
- Hohe Abstraktionsfähigkeit
- Phantasievoll, intuitiv
- Ausrichtung auf Ideen, Strategien, Konzepte
- Stelleneignung: Forschung (in bestimmten Disziplinen)
Resilienz: Misserfolgstoleranz und Belastbarkeit
Resilienz beschreibt die Fähigkeit, mit widrigen Umständen produktiv umzugehen. Besteht aus zwei Komponenten:
1. Misserfolgstoleranz (Mittelwert: 68%)
- Hoch: Verarbeitet Misserfolge emotional neutral, erinnert nur die Lernerfahrung
- Niedrig: Verdrängt Misserfolge, reduziert Lernprozesse, negative Gefühle bleiben
- Frage: "Beschreiben Sie eine Situation, wo Sie einen schweren Misserfolg erlebt haben. Wie genau war das?"
2. Belastbarkeit (Mittelwert: 72%)
- Hoch: Bleibt gelassen und handlungsfähig auch unter Stress, gute emotionale Selbstregulation
- Niedrig: Schwankungen in der Produktivität, Tendenz zum Grübeln, schwierige Distanzierung von negativen Gefühlen
- Frage: "Erzählen Sie von einer Arbeitssituation, die Ihnen Schwierigkeiten bereitet hat." → Achte auf emotionale Flexibilität
7. Stellenprofile mit Metaprogrammen
Die Kombination verschiedener Metaprogramme ergibt präzise Stellenprofile. Hier die wichtigsten Beispiele:
VERTRIEB: Farmer vs. Hunter
FARMER (Bestandskundenpflege)
Metaprogramm-Profil:
- Gleichklang-Faktor (Matching): 70%
- Kontinuität (Prozedural): 80%
- Dienstleister-Faktor (External): 80%
- Personenorientierung: 60%
Gravesmodell:
- Graves4: 70% (Verantwortung)
- Graves6: 60% (Beziehung)
HUNTER (Neukundenakquise)
Metaprogramm-Profil:
- Veränderungsblick (Mismatching): 60%
- Aufbaufokus (Optional): 70%
- Entscheidungsfähigkeit (Internal): 60%
- Proaktiv: 70%
Gravesmodell:
- Graves5: 80% (Leistung & Erfolg)
- Graves3: 50% (Durchsetzung)
8. Praktische Anwendung im Interview
Metaprogramme im Interview zu erkennen erfordert Übung. Hier sind die wichtigsten Tipps für die praktische Anwendung:
Die goldenen Regeln
- Achte auf das WIE, nicht das WAS: Die Art der Antwort (Sprachstruktur, Körpersprache, Stimmklang) ist wichtiger als der Inhalt.
- Stelle offene Fragen: Metaprogramm-Fragen sind offen formuliert und lassen dem Kandidaten Raum für seine natürliche Antwortstruktur.
- Vertiefe bei Inkongruenz: Wenn Inhalt und Körpersprache nicht übereinstimmen, frage nach.
- Kein Richtig oder Falsch: Metaprogramme sind wertfrei - es geht um Passung zur Position, nicht um "bessere" Ausprägungen.
Praxis-Tipp
Beginnen Sie mit 2-3 Metaprogrammen, die für Ihre Position besonders relevant sind. Mit Übung können Sie dann weitere Muster in Ihre Interviews integrieren.
Metaprogramme objektiv messen
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Häufige Fragen zu Metaprogrammen
Ja, Metaprogramme lassen sich im Interview gut einschätzen – allerdings nicht mit der Präzision einer wissenschaftlichen Potenzialanalyse. Die Interview-Technik erlaubt Ihnen eine Einschätzung in groben Kategorien (z.B. "Zielmotivation überwiegt", "ausgeglichen", "Problemlösungsmotivation überwiegt").
Für eine präzise Messung in 10%-Schritten benötigen Sie eine psychometrische Potenzialanalyse wie die esc Potenzialanalyse.
Empfehlung: Nutzen Sie Metaprogramm-Fragen im Interview für ein erstes Persönlichkeitsbild. Bei Schlüsselpositionen ergänzen Sie durch eine wissenschaftlich fundierte Potenzialanalyse.
Obwohl beide Modelle Wurzeln in C.G. Jungs psychologischen Typen haben, wurden Metaprogramme unabhängig vom MBTI entwickelt.
Hauptunterschiede:
- MBTI: Typen-Modell (16 feste Typen), primär für Selbstreflexion entwickelt
- Metaprogramme: Kontinuum-Modell (unendlich viele Kombinationen), speziell für Assessment & Coaching
- MBTI: Kategorisierung (entweder/oder)
- Metaprogramme: Prozentuale Ausprägungen (z.B. 70% / 30%), kontextabhängig
Metaprogramme sind für Recruiting präziser, weil sie feinere Nuancen erfassen und positionsspezifisch eingesetzt werden können.
Im Interview ist Verfälschung schwierig, da nicht der Inhalt, sondern die Form der Antworten analysiert wird. Kandidaten konzentrieren sich auf das "Was", Sie achten auf das "Wie" (Sprachstruktur, Körpersprache, Stimmklang).
Manche Metaprogramme haben eine "Image-Variante": Zielmotivation (Hin-Zu) wird oft als wünschenswerter empfunden. Deshalb sind Vertiefungsfragen und Kongruenz-Prüfung entscheidend.
Bei psychometrischen Tests mit Forced-Choice-Format (wie der esc Potenzialanalyse) wird Verfälschung zusätzlich durch die Testmethodik erschwert.
Die wichtigsten Metaprogramme für Führungspositionen:
- Entscheidungsfähigkeit (Internal): Ideal sind 60% internal / 40% external.
- Aufbaufokus vs. Kontinuität: Unterscheidet Leadership von Management.
- Proaktiv: Ideal sind 50-70% proaktiv.
- Personenorientierung: Für agile Führung / Leadership wichtiger.
Faustregel: Leadership-Positionen brauchen mehr Personenorientierung + Aufbaufokus. Management-Positionen brauchen mehr Sachorientierung + Kontinuität.
Metaprogramme sind relativ stabil, aber nicht unveränderlich:
- Kontextabhängigkeit: Im Arbeitskontext können andere Metaprogramme dominieren als im Privatleben
- Zustandsabhängigkeit: Bei Stress können sich Metaprogramme verändern
- Entwicklung: Durch bewusste Reflexion und Training können Metaprogramme langfristig beeinflusst werden
Für Recruiting: Erfragen Sie immer den spezifischen Arbeitskontext ("Was ist Ihnen in Ihrer Arbeit wichtig?"), nicht allgemein.
Die Literatur beschreibt 15-20 verschiedene Metaprogramme, je nach Autor. Für Recruiting sind die 10+ hier vorgestellten Metaprogramme die relevantesten:
- Ziel- und Problemlösungsmotivation
- Gleichklangfaktor und Veränderungsblick
- Entscheidungsfähigkeit und Dienstleister-Faktor
- Aufbaufokus und Kontinuität
- Proaktiv und Reflektiv
- Überblicks- und Detailorientierung
- Prozessfokus und Personenorientierung
- Konzeptfokus und Praxisorientierung
- Resilienz (Misserfolgstoleranz & Belastbarkeit)
Ein strukturiertes Bewerbungsgespräch kombiniert 3 Ebenen:
- Fachliche Kompetenz: "Kann er/sie die Arbeit machen?"
- Persönlichkeit via Metaprogramme: "Wie wird er/sie die Arbeit machen?"
- Cultural Fit via Werte & Graves-Level: "Passt er/sie zu uns?"
Empfohlener Zeitanteil: 30% fachlich, 50% Persönlichkeit, 20% Cultural Fit.
Weiterführende Ressourcen:
Bücher:
- "Neue Wege im Recruiting" von Ralph Köbler (Haufe Verlag) – Das Praxisbuch zu Metaprogrammen & Gravesmodell im Recruiting
- "Words That Change Minds" von Shelle Rose Charvet
- "Figuring Out People" von Woodsmall & Woodsmall
Praktische Anwendung:
- esc Potenzialanalyse – Wissenschaftlich fundierter Test
- DISCOVER ACCOUNT – Kostenlos testen
- Seminar: Gravesmodell & Metaprogramme – Praxisworkshop
Metaprogramme in der Praxis erleben
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