Seit dem Aufkommen leistungsstarker KI-Sprachmodelle (LLMs) Ende 2022 erleben viele Unternehmen eine neue Welle der KI-Adoption. Im Folgenden werden Erfolgsgeschichten großer und mittelständischer Unternehmen aus dem deutschsprachigen Raum mit denen aus den USA verglichen.
Der Fokus liegt auf ganzheitlichen KI-Strategien – also bereichsübergreifenden Implementierungen – sowie Best Practices, Herausforderungen, Lessons Learned und einer zeitlichen Einordnung der Entwicklungen seit dem KI/LLM-Hype ab 2022.
KI-Erfolgsgeschichten im deutschsprachigen Raum (DACH)
Bosch (DE, Industrie)
Der Technologiekonzern Bosch verfolgt eine umfassende KI-Strategie. Bereits seit 2017 existiert das Bosch Center for AI (BCAI), und bis Ende 2023 sollten alle Bosch-Produkte entweder mithilfe von KI entwickelt oder produziert werden. Tatsächlich nutzt schon 2023 fast jedes zweite Bosch-Werk KI in der Fertigung (v.a. in Produktionssteuerung und -überwachung).
Auszeichnung
Bosch wurde vom Weltwirtschaftsforum ausgezeichnet – das Werk in Bursa/Türkei senkte dank KI den Wasserverbrauch um 30%, den Energiebedarf um 6% und den Ausschuss um 9%.Neu geht Bosch generative KI an: 2023 starteten Pilotprojekte in zwei Werken, bei denen synthetische Bilder durch KI erzeugt werden, um Visionsysteme schneller zu trainieren. Dies soll die Implementierungszeit von KI-Lösungen in der Produktion von 6–12 Monaten auf wenige Wochen verkürzen.
Siemens (DE, Industrie)
Auch Siemens integriert KI breit in Produkte und Prozesse. 2023 stellte Siemens einen Industrial Copilot vor – einen generativen KI-Assistenten für Automatisierungsingenieure –, der in die TIA-Industriesoftware eingebunden ist. Ziel ist es, komplexe Automatisierungscode schneller zu erstellen und die Produktivität der Entwickler zu steigern.
SAP (DE, Software)
Der Software-Konzern SAP hat seit dem LLM-Hype seine KI-Strategie forciert, insbesondere durch Partnerschaften. Im Frühjahr 2023 kündigte SAP an, OpenAI's ChatGPT in seine Produkte zu integrieren. Konkret arbeitet SAP mit Microsoft zusammen, um generative KI in die HR-Software SuccessFactors einzubetten.
Allianz (DE, Versicherung)
Der Versicherungskonzern Allianz nutzt KI bereits seit einigen Jahren entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Intelligente Chatbots beantworten Kundenanfragen und KI-Systeme unterstützen in Underwriting und Schadensfallbearbeitung.
ABB (CH, Industrie/Automation)
Der Schweizer Technologiekonzern ABB nutzt generative KI, um sowohl Kundenlösungen zu verbessern als auch interne Abläufe zu optimieren. ABB entwickelte 2023 mit Microsoft Azure OpenAI den "Genix Copilot", einen generativen KI-Assistenten in seiner Industrie-IoT-Plattform Genix.
Beeindruckende Ergebnisse bei ABB
- Bis zu 40% Kosteneinsparungen in Betrieb und Wartung
- 30% Produktivitätssteigerung
- 25% Verbesserung der Nachhaltigkeits-KPIs
- 20% mehr Sales-Momentum
- 80% Reduktion der Support-Anfragen
Hochland (DE, Lebensmittel)
Der mittelständische Käsereiproduzent Hochland gilt als Best Practice dafür, wie traditionelle Unternehmen KI wertstiftend einführen können. Hochland startete bereits vor einigen Jahren mit kleinen Pilotprojekten, um Erfahrung zu sammeln und intern den Nutzen von KI zu demonstrieren.
KI-Erfolgsgeschichten in den USA
Morgan Stanley (USA, Finanzdienstleistung)
Die Investmentbank Morgan Stanley gilt als Vorreiter auf Wall Street in Sachen generative KI. Im März 2023 führte sie einen unternehmensweiten KI-Assistenten für ihre Finanzberater ein, basierend auf OpenAIs GPT-4.
Coca-Cola (USA, Konsumgüter)
Der Softdrink-Gigant Coca-Cola setzt generative KI kreativ im Marketing ein. 2023 ging Coca-Cola eine Partnerschaft mit OpenAI ein und experimentierte als eines der ersten großen B2C-Unternehmen mit GPT-4 und DALL·E 2.
C.H. Robinson (USA, Logistik)
Einer der weltweit größten Logistikdienstleister demonstriert den praktischen Nutzen von KI in operativen Prozessen. Das System liest eingehende Angebotsanfragen aus E-Mails aus, versteht die Kontextdetails mittels KI und führt die gleichen Schritte aus, die ein Mitarbeiter täte.
"Die Antwortzeiten auf Angebotsmails sanken von ehemals mehreren Stunden auf etwa 32 Sekunden."
Best Practices bei der KI-Implementierung
Klare KI-Strategie
Erfolgreiche Unternehmen verfolgen einen top-down getragenen Plan, KI in Kernprozessen zu verankern.
Dedizierte KI-Teams
Bildung interdisziplinärer KI-Teams mit Data Scientists, Domänenexperten und IT.
Schrittweise Umsetzung
Iterative Vorgehensweise mit Pilotprojekten für Quick Wins und frühe Learnings.
Messbarer Geschäftsnutzen
Fokus auf konkrete KPIs wie Zeitersparnis, Kostensenkung und Effizienzsteigerung.
Fazit
Deutschsprachige Unternehmen, die KI ganzheitlich implementieren, stehen oft exemplarisch für sehr durchdachte, nachhaltige Ansätze – mit intensiver Vorbereitung, starker Mitarbeiterorientierung und solider Integration ins Kerngeschäft.
US-Unternehmen glänzen häufig durch Mut zur schnellen Skalierung und disruptive Anwendungen in großem Stil, was ihnen Vorsprünge in Effizienz oder neue Geschäftsmodelle verschafft.
Beide Herangehensweisen können erfolgreich sein – ideal ist eine Balance: sorgfältige Planung kombiniert mit Agilität in der Umsetzung.
Ralph Köbler
Geschäftsführer, potenzial.at
Experte für Potenzialanalysen und evidenzbasiertes HR-Management mit über 25 Jahren Erfahrung.